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Aug 10, 2023

Was ist Binge Watching?

Na ja, auch ein TV-Serien-Junkie? Aber schon gar nicht im normalen TV-Programm, wo man immer noch eine Woche oder länger auf jede neue Folge seiner Lieblingsserie warten muss! Dank Netflix, Amazon Prime und Co. ist das kein Problem mehr, Sie haben direkten Zugriff auf die komplette Staffel Ihrer Lieblingsserie. Wie verlockend ist es, einen Serienmarathon zu starten und mehrere Folgen hintereinander anzusehen. Dies wird auch als Binge Watching bezeichnet. Alles Wissenswerte dazu erfahren Sie in unserem Ratgeber.

Unter Binge-Watching (auch Binge-Viewing) versteht man also eine Form des TV-Marathons, bei dem es mehr um Genuss als um Ausdauer geht. In einer von Netflix durchgeführten Umfrage definierten 73 % der Befragten Binge-Watching als „das Ansehen von 2 bis 6 Episoden derselben Fernsehserie in einer Sitzung“.

Binge-Watching als kulturelles Phänomen wurde mit dem Aufkommen von Video-Streaming-Diensten wie Netflix und Amazon Prime Video ab 2006 populär, über die Zuschauer Fernsehsendungen und Filme auf Abruf ansehen können. Beispielsweise gaben 61 % der Teilnehmer einer Netflix-Umfrage an, dass sie regelmäßig Binge Watching betreiben. Aktuelle Untersuchungen, die auf Video-on-Demand-Daten großer Video-Streaming-Anbieter basieren, zeigen, dass rund zwei Drittel aller Kunden mindestens einmal im Jahr Binge-Watching betreiben.

Ursprünglich stammt der Begriff „Binge“ aus den USA. Nach Recherchen des Medienwissenschaftlers Emil Steiner wurde es im Zusammenhang mit dem Fernsehen erstmals 1948 in der Zeitschrift „Variety“ verwendet. Der Begriff „TV-Binge“ tauchte dann am 27. Juli 1952 zum ersten Mal in einer US-Zeitung auf. Der Sportredakteur Ed Danforth charakterisierte damit einen Spendenmarathon zwischen Bob Hope und Bing Crosby, um Geld für die US-Olympiamannschaft zu sammeln.

Die Idee des Binge Watching erfreut sich nicht nur bei Fernsehmanagern, sondern auch bei Schauspielern zunehmender Beliebtheit. So forderte beispielsweise der bekannte US-Schauspieler Kevin Spacey vor zehn Jahren in einem öffentlichen Vortrag die Fernsehmacher auf, „den Zuschauern endlich das zu geben, was sie wollen“. Seiner Meinung nach könnten qualitativ hochwertige Produktionen die Aufmerksamkeit des Publikums über viele Stunden fesseln und die Piraterie reduzieren.

Andere Experten vergleichen das Binge-Watching von „Fernsehen in komplexer Qualität“ – beispielsweise in Form der Serien „The Wire“ und „Breaking Bad“ – mit dem Lesen von mehr als einem Kapitel eines Romans am Stück. Eine aktuelle Studie ergab, dass sich die Menschen beim Binge-Watching viel tiefer in die Welt der Serie eintauchen als beim zeitversetzten Ansehen einzelner Episoden. Das steigert die Freude am Fernsehen und führt dazu, dass die Zuschauer noch häufiger und über einen längeren Zeitraum Binge-Watching betreiben.

Natürlich gibt es auch kritische Stimmen zum Thema Binge Watching. Manche warnen davor, dass übermäßiger Serienkonsum den gesellschaftlichen Wert des Fernsehens untergräbt. Der Grund: Es entstehen weniger Möglichkeiten, zukünftige Folgen mit Freunden zu besprechen und sich auf den Konsum zu freuen. Untersuchungen haben jedoch gezeigt, dass intensives Binge Watching nicht zwangsläufig zu weniger sozialem Engagement führt. Tatsächlich kam eine Studie zum gegenteiligen Ergebnis: Intensive Binge-Watcher verbringen jeden Tag mehr Zeit mit Freunden und Familie als normale Fernsehkonsumenten. Sie werden oft auch von anderen als Meinungsführer bei der Auswahl der Sendungen eingesetzt, die sie sich ansehen möchten.

Ein weiterer Kritikpunkt ist, dass Binge Watching eine Form des zwanghaften Konsums sei, ähnlich wie Binge Eating oder Rauschtrinken. Ohne Zweifel hat es süchtig machende Aspekte, die letztendlich zu einer Form der Fernsehsucht führen können. Hier ist ein ausreichendes Maß an Eigenverantwortung erforderlich.

Anfang der 2020er Jahre gab es in der Fernsehbranche heftige Spekulationen darüber, dass das Binge-Watching einer neuen Serie dazu führen könnte, dass diese auf lange Sicht weniger einprägsam ist als Serien, die nach einem herkömmlichen Zeitplan ausgestrahlt werden. Verschiedene Streaming-Anbieter, allen voran Disney+, sind daher in der Vergangenheit daran festgehalten, ihre Originalserien im Wochenrhythmus zu veröffentlichen. Dies wiederum steht im Gegensatz zum sogenannten Netflix-Modell, das bei der Herangehensweise an gebündelte Veröffentlichungen unter den Streaming-Anbietern am aggressivsten vorgegangen ist.

Eine Studie aus dem Jahr 2020 brachte Binge-Watching mit einer schlechteren Schlafqualität, erhöhter Schlaflosigkeit und Müdigkeit in Verbindung. Laut Experten kann Binge Watching tatsächlich zu einer erhöhten kognitiven Wachsamkeit führen und sich negativ auf den Schlaf auswirken. Die Ergebnisse zeigten, dass 98 Prozent der Binge-Watcher insgesamt eine schlechtere Schlafqualität hatten, vor dem Zubettgehen wacher waren und über mehr Müdigkeit klagten. Die Autoren der Studie betonen jedoch, dass die Ergebnisse der Schlafforschung hinsichtlich des negativen Zusammenhangs zwischen Schlaf und Fernsehen immer noch widersprüchlich sind.

Eine andere Studie ergab, dass Binge-Watcher in vier Persönlichkeitsprofile eingeteilt werden können:

Dementsprechend kommt die Studie zu dem Schluss, dass die Art von Menschen, die am meisten zu Binge-Watching neigen, wie folgt beschrieben wird: „Sie sind neurotischer, weniger verträglich, weniger gewissenhaft und weniger offen für neue Erfahrungen.“ Darüber hinaus wurde Folgendes festgestellt: Menschen, die häufig Binge-Watching betreiben, fühlen sich eher traurig, ängstlich und gestresst und haben ein geringeres Selbstwertgefühl.

Es wurde festgestellt, dass Zuschauer, die zum Binge-Watching neigen, insgesamt weniger auf Werbung reagieren als Zuschauer, die dies nicht tun. Die Wirksamkeit der Werbung nimmt ab, je länger eine Sitzung dauert. Forscher führen dieses Phänomen auf die Unterbrechung durch Werbung zurück. Binge-Watcher wollen in das, was sie sehen, vertieft bleiben. Sie wollen nicht durch Werbeunterbrechungen in die reale Welt „zurückgedrängt“ werden.

Im Jahr 2019 wurde daher ein neues Werbeformat speziell für Binge-Watcher entwickelt. Hier werden während der ersten und zweiten Folge einer Binge-Watching-Session Werbespots gezeigt, die lustige Anekdoten und Hinweise auf Binge-Watching enthalten. Vor der dritten Folge werden Binge-Watcher dann mit einem weiteren Werbespot belohnt. Dies beinhaltet oder kündigt eine Sonderaktion an, beispielsweise dass sie die nächste Folge ohne Werbeunterbrechung ansehen können. Allerdings wird das neue Werbeformat bislang nur sparsam eingesetzt und aussagekräftige Erfolgsstatistiken liegen noch nicht vor.

Binge Watching, also das Anschauen mehrerer Episoden oder einer ganzen Staffel einer Serie hintereinander, erfreut sich in den letzten Jahren immer größerer Beliebtheit. Videoplattformen wie Netflix und Amazon Prime haben viel dazu beigetragen. Diese stellen erstmals sicher, dass Nutzer direkten Zugriff auf alle Episoden einer Serie haben. Auch wenn einige Experten erneut mit dem Finger auf die Risiken von Binge Watching hinweisen, sollte der Spaß im Vordergrund stehen, wenn man es nicht übertreibt. Wir wünschen Ihnen viel Spaß!

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